Während der Kolonialzeit (18. bis Anfang 19. Jahrhundert) wurden im Zuge des Sklavenhandels afrikanische Einwohner gefangen genommen, nach Brasilien verschifft und dort zur Arbeit in Sklaverei gezwungen.
Um die Sklaven zu unterdrücken und aus Angst vor Aufständen, folterten die Sklavenhalter nicht nur die Menschen, sondern auch die Kultur und die Seele der Schwarzen – für die Kolonialherren waren nur die Körper und die Arbeitskraft interessant, nicht die Menschen. In jahrhundertelanger Unterdrückung, Ausbeutung und Diskriminierung gelang es jedoch nie, die Schwarzen und ihr Zusammenspiel von Körper und Seele vollständig zu unterwerfen.
In dieser Periode wurde die Capoeira geboren: Die schwarzen Sklaven benutzten sie für den Kampf, um sich zu verteidigen, als geselliges Spiel in ihren Ruhepausen und um sich von der Zwangsarbeit und den Torturen der Sklaverei zu erholen.
Capoeiristas wurden in dieser Zeit verfolgt, eingesperrt und gefolter. Die „Senhores“, die Sklavenherren, fanden dafür verschiedene Gründe – zum Beispiel galt das Capoeira Spiel als Gefahr für die öffentliche Ordnung – , von denen sie viele selber niemals ganz verstanden haben.
Die Capoeira stiftete den Capoeiristas Identität, ein Gefühl der Individualität und Selbstbewusstsein. So bildetet sich Gruppen mit einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl und bald gab es flinke und gefährliche „Jogadores“ (Spieler). Dass sich die Sklaven manchmal beim Spiel der Capoeira verletzten, sahen die Skavenhalter nicht gern, da ihre Arbeitskraft dann eingeschränkt war. Von Beginn an wurde die Capoeira diskriminiert und bald illegalisiert, die Capoeiristas wurden als Außenseiter und als Verbrecher angesehen, die durch Gesellschaft und Gesetze überwacht, eingesperrt und bestraft werden mussten. Das waren die Jahrhunderte der Verfolgung, die sich fast bis heute hingezogen haben.
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts begann ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Capoeira: In dieser trüben Epoche wurde Brasilien von einem Militärregime regiert und in den Strafgesetzen dieser Zeit waren Capoeiristas als gefährliche Straftäter angesehen. Trotz diesen Umständen wurde Manoel dos Reis Machado, der berühmte Mestre Bimba, in den Regierungspalast von Juracy Montenegro Magalhães, dem Interventor Federa na Bahia, eingeladen. Mestre Bimba war erschrocken und dachte, nun würde er verhaftet. Aber zu seiner Überraschung wollte der Gouverneur, dass Mestre Bimba und seine Schüler Amtsinhabern und Freunden „unser kulturelles Erbe“ vorstellen. Die Capoeira wurde zur „nationalen Gymnastik“ erklärt und legalisiert.
1937 wurde Bimbas Academia (Capoeira Schule) durch das „Secretaria de Educação, Saúde e Assistencia Publica“ (Ministerium für Bildung, Gesundheit und öffenliche Angelegenheite) offiziell anerkannt und registriert. Er führte damit die allererste offizielle Capoeira-Academia im Land, das „Centro de Cultura Física Regional“.
Nun begann die Zeit der sozio-kulturellen Aufwertung und Anerkennung der Capoeira, auch durch die brasilianische Mittelschicht: Die Kunst des Sklaventanzes eroberte die Kulturszenen dieser Zeit und spiegelte sich in Musik, Kunst, Literatur und auf den Bühnen des Landes wieder. Damit endete die Phase der Marginalisierung, in der die Capoeira und alle anderen Formen von „schwarzer Kulturpraxis“ diffamiert und unterdrückt wurden. Trotz dieser Schwierigkeiten überlebte die Capoeira. „O Negro“ bewahrte seine Kampfkunst, die sich im Laufe der Zeit in eine brasilianische Kunstform verwandelte.
In der heutigen Zeit finden sich eine wachsende Zahl von Anhängern aller Ethnien und Schichten Brasiliens und vielen anderen Ländern der Welt. Auf diesem Weg wird die Capoeira zu einer weltweiten Idee einer Kunst aus Rhythmus und Bewegung und steht Stellvertretend für die Kreativität und den Mut der Unterdrückten und deren Kampf um die Freiheit. Dennoch sind die Werte, die hinter der Capoeira und ihrer Geschichte stehen, auch heute noch vielen Teilen der brasilianischen Bevölkerung unbekannt.
Der Text stammt von der Stammseite der Gruppe Capoeira Gerais und wurde übersetzt von Tarzan.